Donnerstag, 15. Mai 2025
IMPULS FÜR MAI BIS JUNI
Liebe Mitchristen,
immer wieder haben wir im Leben die Wahl. Das betrifft Alltagsfragen wie die Erstellung des Speiseplans oder der Kleiderordnung, Telefonanrufe und die Gestaltung des Freizeitprogramms. Häufig müssen wir uns zudem auf den verschiedensten Ebenen für Menschen entscheiden; manchmal beinhaltet eine Entscheidung für etwas oder jemanden zugleich eine ganze Reihe Entscheidungen gegen.
In der letzten Zeit haben wir einige bedeutende Wahlen erlebt oder waren daran beteiligt. Die politischen Wahlen, zuletzt die des Bundeskanzlers, waren teilweise dramatisch, vielleicht auch blamabel. Sie spiegeln die Zerrissenheit der Gesellschaft oder einzelnen Personengruppen wider.
Die Wahl unseres neuen Papstes Leo XIV. unterscheidet sich bereits im Ansatz von allen anderen Wahlen. Während es bei jenen – das ist auch so in Ordnung – darum geht, die eigenen Interessen in Stellung und Abwägung zu bringen und zwischenmenschliche Entscheidungen zu treffen, ist eine Papstwahl ein eigener Vollzug der Wähler und zugleich das Herausfinden des Willens eines Anderen – des Heiligen Geistes. Denn die Kardinäle verpflichten sich, bei der Wahl nicht nur ans Eigene zu denken, sondern nach bestem Wissen und Gewissen zu versuchen, dem Heiligen Geist auf die Spur zu kommen. Das wird mitunter belächelt. Andererseits aber zeigt es, wie ernst der Gott uns nimmt, an den wir glauben. Er bezieht uns in seine Entscheidungen ein, gibt sich sogar in unsere Hand. Er drückt uns nicht seine Eindeutigkeit aufs Auge. Im tiefsten ist die Wahl des Papstes, selbst wenn auch bei ihr gerungen werden muss und sie der Geduld für mehrere Wahlgänge bedarf, ein Ausdruck des Prinzips, dass der dreifaltige Gott uns als Mitwirkende möchte. Er steht uns nicht nur gegenüber, sondern lässt sich als Partner auf uns ein.
Deshalb dürfen wir erst mal davon ausgehen, dass Papst Leo XIV. der Papst ist, den Gott in dieser Zeit für seine Kirche als Hirten möchte. Seine erste Rede vom Balkon des Petersdoms war nicht nur ein „Hallo, hier bin ich; gehen wir in Zukunft den Weg gemeinsam“, sondern darüber hinaus ein Programm mit klaren Ansagen. Um den Frieden geht es, im Großen und im Kleinen. Um das Bauen von Brücken. Um die Sicht auf alle Menschen; alle sind willkommen und geliebt. Damit erinnert uns Papst Leo an Maßstäbe, die wir im eigenen persönlichen Leben anlegen sollten, meint
Ihr Pfarrer Udo Stenz